Donnerstag, 5. März 2009

Mein erster Schultag I

Der erste Tag meiner Hospitation in meiner alten Schule, dem Kant-Gymnasium in Weil am Rhein, war am 11.2. Das ist jetzt leider schon etwas her, aber ich hoffe, mithilfe meiner Notizen einen genügend detaillierten Bericht schreiben zu können.

Ich habe mir die 12 Schulstunden so eingeteilt, dass ich 3 Tage in Folge hospitiert habe und pro Tag 4 Schulstunden in der Schule verbracht habe. Ein sehr angenehmer Stundenplan also ;).

Als ich am ersten Tag mit dem Auto zur Schule fuhr, überkam mich ein seltsames Gefühl, denn es war ja der gleiche Weg, den ich bis vor 10 Monaten fast täglich gefahren bin - und das 9 Jahre lang! Nun war ich aber nicht als Schülerin an der Schule, sondern als Praktikantin. Während der Hospitationszeit habe ich mich dennoch weder als Schülerin, noch als Lehrerin gefühlt! Deshalb auch das seltsame Gefühl... Die Zeit, die seit meiner Schulzeit vergangen ist, ist zu kurz, um soviel Abstand gewonnen zu haben, dass man zurück kommt und sich direkt auf der "anderen Seite" sieht. Die meisten meiner ehemaligen Lehrer sind ja dieses Jahr immernoch an der Schule und viele Schüler (vor allem die der Oberstufe) kenne ich noch.

Herr Dr. Haas, der Schulleiter des Kant-Gymnasiums, hatte für mich eine "Betreuung" bzw Ansprechperson organisiert, und zwar meine ehemalige Spanischlehrerin Frau Salazar. Darüber war ich sehr froh, denn ich mochte sie schon als Schülerin. Außerdem unterrichtet sie die gleichen Fächer, welche ich später unterrichten werde: Deutsch und Spanisch. 5 der 12 Schulstunden habe ich in ihrem Unterricht hospitiert.

Als ich also am ersten Tag zur Schule kam, teilte Frau Salazar mir einen Platz im Lehrerzimmer zu. Glücklicherweise am "Referendaren-Tisch", denn diese waren alle neu an der Schule und so lernten sie mich als Praktikantin kennen und kannten mich nicht noch als Schülerin. Ich im Gegenzug lernte sie als "Kollegen" kennen und wir duzten uns gleich. Im Lehrerzimmer, welches ich noch vor 10 Monaten nicht betreten durfte, traf ich natürlich auf viele ehemalige Lehrer/innen. Diese duzte ich natürlich nicht - zu stark war noch das "Schüler-Lehrer-Gefühl"!
Sie traten mir jedoch alle freundlich gegenüber und begrüßten mich erstaunt mit Worten wie: "Ach, Sie sind schon wieder hier?! Haben Sie das Kant so sehr vermisst?" oder "Haben Sie also die Seite gewechselt? Schön!"
Es freute mich natürlich, dass alle so freundlich waren. Außerdem begrüßten viele meine Entscheidung, alleine nach Hamburg zu ziehen und dort zu studieren, anstatt wie die meisten anderen nach Freiburg zu gehen, um zu studieren. Das bestärkte mich in dem Gefühl, die richtige Entschiedung getroffen zu haben.

Meine ersten beiden Stunden hospitierte ich bei Frau Salazar in einer 5. Klasse in Deutsch. Ich stellte fest, dass 5.Klässler doch noch sehr stark an Grundschüler erinnern. Dies zeigte sich auch darin, dass sie selbst entschieden hatten, zur Begrüßung des Lehrers aufzustehen und im Chor "Guten Morgen Frau/Herr ..." zu sagen. Nachdem ich mich als "Katharina" vorgestellt hatte, sagten sie dann im Chor "Guten Mooorgen Frau Katharina" und kicherten dabei natürlich. Im Nachhinein dachte ich, ich hätte mich doch besser als "Frau Dreher" vorstellen sollen, aber das brachte ich in diesem Moment einfach nicht fertig. Auch daran merkt man, dass ich mich noch nicht wirklich als Lehrerin fühle!
Das Thema der Doppelstunde war "Rechtschreibung". Zuerst wurden die Ergebnisse der letzten Stunde wiederholt: Dehnung geschieht mit Dehnungszeichen wie "h", "ie"oder Doppelvokalen.
Anschließend lasen die Kinder abwechselnd laut einen Text aus dem Lesebuch vor. Aus diesem sollten sie dann eine Regel für kurze bzw lange Vokale ableiten, zB: Karte, Kate.
Die gemeinsam erarbeitete Regel wurde dann von der Lehrerin an die Tafel geschrieben, damit jeder Schüler sie ordentlich in sein Heft übertragen konnte. Wie ich aus meiner eigenen Schulzeit noch weiß, ist es vor allem für Schüler der niedrigeren Klassen sehr wichtig, dass der Lehrer die wichtigsten Ergebnisse an der Tafel festhält, damit diese ins Heft übertragen und gelernt werden können und zur Bearbeitung von Übungsaufgaben zur Hilfe genommen werden können.
Die aufgestellte regel diente nun als Einleitung zum Thema "Die Schärfung" (durch Doppelkonsonaten). Als nächstes sollten die Schüler in 2er-Teams eine Übung dazu machen. Hierbei sollten sie sich die angegebenen Wörter gegenseitig laut vorlesen.
Die Ergebnisse wurden dann wieder gemeinsam formuliert und eine Regel an die Tafel geschrieben. Es folgte wiederum eine Übung dazu in 2er-Gruppen, bei welcher ich mich zu zwei sehr engagierten und motivierten Schülerinnen setzte, um sie genauer beobachten zu können. Leicht konnte man feststellen, dass das eine Mädchen etwas stärker war als das andere und die Ergebnisse meist schneller wusste und aufschrieb als ihre Partnerin. Jedoch hatte auch das andere Mädchen keine Probleme mit den Aufgaben und schrieb das Ergebnis nicht einfach von ihrer Partnerin ab, sondern überlegte zuerst und verglich dann.

Im Anschluss an die Doppelstunde erklärte Frau Salazar mir das "Grüner-Konzept", nach welchem in der Schule - vor allem in der Unterstufe - vorgegangen wird. Dieses Konzept ist darauf ausgelegt, Positives zu stärken, anstatt zu bestrafen. In den Klassenzimmern hängen Benimmregeln an den Wänden, welche zum Beispiel besagen "Wenn mein Lehrer das Start-Zeichen gibt, fange ich sofort mit der Aufgabe an und beende sie erst, wenn ich sie vollständig gelöst habe" oder "bei Unterrichtsbeginn liegen ALLE meine Materialen auf dem Tisch bereit" usw. Wenn nun kein Schüler der Klasse einen Eintrag ins Klassenbuch bekommt, bekommt die Klasse dafür "Teampunkte". Diese werden auf ein Blatt Papier geschrieben und hängen an der Wand. Wenn die Klasse eine bestimmte Anzahl von Punkten erreicht hat, darf zum Beispiel ein Film angeschaut werden oder ein gemeinsames Frühstück wird zur Belohnung gemacht oder ...
Wie ich selbst sehen konnte, sind die Schüler mit vollem Eifer dabei, Teampunkte zu sammeln und beraten fleißig darüber, ob sie ihre bereits gesammelten Punkte für einen Film "opfern" wollen oder doch lieber noch mehr Punkte sammeln sollen, um dann einen Tag Hausaufgaben-frei zu bekommen.
Das Konzept funktioniert bisher also recht gut!
Als Schüler der Oberstufe haben wir die Benimmregeln an den Wänden der Klassenzimmer natürlich auch schon gesehn und uns (vor allem über die Formulierungen) lustig gemacht. Jetzt, da ich weiß, dass das Konzept funktioniert und die Schüler dazu animiert, besser mitzuarbeiten und keine Streiche anzustellen, sehe ich die ganze Sache aus anderen Augen.

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